Das Lüftungskonzept: Schlüssel zu gesundem Wohnen und Energieeffizienz

Jan Wanderer
Jan Wanderer
Energie-Experte bei Enwendo
Stand: 8 Min. Lesezeit

Moderne Gebäude und energetisch sanierte Altbauten haben eines gemeinsam: eine nahezu luftdichte Gebäudehülle. Was aus energetischer Sicht ein großer Vorteil ist, da Heizwärme nicht unkontrolliert entweicht, birgt gleichzeitig eine Herausforderung für das Raumklima. Ohne einen ausreichenden Luftaustausch reichern sich Feuchtigkeit, CO₂ und Schadstoffe in der Raumluft an. Die Folgen können von Müdigkeit und Konzentrationsschwäche bis hin zu Schimmelbildung und Bauschäden reichen. Genau hier setzt ein professionelles Lüftungskonzept an. Es ist die systematische Planung, die sicherstellt, dass Ihr Zuhause jederzeit ausreichend mit frischer Luft versorgt wird – kontrolliert, bedarfsgerecht und energieeffizient. Ein solches Konzept ist nicht nur ein Garant für Wohngesundheit und den Werterhalt Ihrer Immobilie, sondern oft auch eine baurechtliche Notwendigkeit und Voraussetzung für staatliche Förderungen.

Was genau ist ein Lüftungskonzept und warum ist es unverzichtbar?

Ein Lüftungskonzept ist weit mehr als die einfache Empfehlung, regelmäßig die Fenster zu öffnen. Es handelt sich um eine detaillierte, technische Planung, die von einem qualifizierten Fachplaner, wie einem Energie-Effizienz-Experten, erstellt wird. Ziel ist es, den für ein Gebäude erforderlichen Mindestluftwechsel sicherzustellen, um Feuchtigkeitsschäden und eine ungesunde Raumluftqualität zu vermeiden. Dabei werden die spezifischen Gegebenheiten des Gebäudes – seine Dichtheit, Größe, Nutzung und Lage – exakt analysiert.

Die Notwendigkeit ergibt sich direkt aus der modernen Bauweise. Früher fand durch undichte Fensterrahmen, Fugen im Mauerwerk oder am Dach ein ständiger, wenn auch unkontrollierter Luftaustausch statt, die sogenannte Infiltration. Bei heutigen Neubauten oder nach einer energetischen Sanierung (z. B. durch neue Fenster oder eine Dachdämmung) wird diese natürliche Infiltration drastisch reduziert. Die Gebäudehülle ist quasi versiegelt. Die im Gebäude entstehende Feuchtigkeit – durch Atmen, Duschen, Kochen oder Wäschetrocknen (in einem 4-Personen-Haushalt können das täglich bis zu 10 Liter Wasser sein) – kann nicht mehr entweichen.

Hier liegen die Hauptgründe für die Unverzichtbarkeit eines durchdachten Lüftungskonzepts:

  • Schimmelschutz: Kontrollierte Lüftung transportiert feuchte Luft zuverlässig nach außen und verhindert, dass sich Kondenswasser an kalten Wandoberflächen niederschlägt. Dies ist die wirksamste Prävention gegen Schimmelpilzbefall.
  • Gesundheit: Verbrauchte Raumluft enthält neben Feuchtigkeit auch einen hohen Anteil an Kohlendioxid (CO₂) sowie flüchtige organische Verbindungen (VOCs), die aus Möbeln, Teppichen oder Reinigungsmitteln ausdünsten. Ein stetiger Luftaustausch sorgt für sauerstoffreiche, saubere Luft und steigert Wohlbefinden und Konzentrationsfähigkeit.
  • Bautenschutz: Dauerhafte Feuchtigkeit schädigt nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Bausubstanz. Durchfeuchtete Dämmungen verlieren ihre Wirkung, und Materialien wie Holz oder Putz können nachhaltig geschädigt werden.
  • Energieeffizienz: Paradoxerweise hilft eine geplante Lüftung beim Energiesparen. Während beim klassischen Fensterlüften im Winter wertvolle Heizenergie unkontrolliert verloren geht, ermöglichen moderne Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung einen Austausch der Luft bei minimalem Wärmeverlust.

Kostenlose Erstberatung anfragen

Die rechtliche Grundlage: Wann wird ein Lüftungskonzept zur Pflicht?

Die Erstellung eines Lüftungskonzepts ist keine willkürliche Empfehlung, sondern in vielen Fällen gesetzlich vorgeschrieben. Die zentrale technische Regel hierfür ist die Norm DIN 1946-6 „Lüftung von Wohnungen“. Diese Norm legt genau fest, wann die Notwendigkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen überprüft und dokumentiert werden muss. Die Pflicht zur Erstellung eines Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6 greift immer dann, wenn Eingriffe in die Gebäudehülle deren Luftdichtheit maßgeblich verändern.

Konkret wird ein Lüftungskonzept in folgenden Fällen zur Pflicht:

  • Bei jedem Neubau: Moderne Neubauten werden von Grund auf nach den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) hochgradig luftdicht errichtet. Ein Lüftungskonzept ist hier standardmäßig erforderlich.
  • Bei umfassenden Sanierungen von Ein- und Mehrfamilienhäusern: Die Norm wird dann relevant, wenn im Zuge einer Sanierung größere Eingriffe vorgenommen werden. Die entscheidenden Schwellenwerte sind:
    • Fenstertausch: Wenn bei einem Einfamilienhaus mehr als ein Drittel aller vorhandenen Fenster ausgetauscht werden.
    • Dachsanierung: Wenn bei einem Einfamilienhaus mehr als ein Drittel der Dachfläche neu abgedichtet und gedämmt wird.

Der Hintergrund dieser Regelung ist logisch: Durch den Einbau moderner, dichter Fenster oder die Anbringung einer luftdichten Dampfbremsfolie im Dach wird der natürliche Luftaustausch (Infiltration) so stark reduziert, dass der zum Feuchteschutz notwendige Luftwechsel nicht mehr gewährleistet ist. Der Planer muss dann rechnerisch nachweisen, ob die verbleibende Infiltration ausreicht oder ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind. In den allermeisten Fällen ist nach einer solchen Sanierung die Infiltration zu gering, und es müssen lüftungstechnische Maßnahmen ergriffen werden. Die Verantwortung für die Beauftragung des Konzepts liegt beim Bauherrn bzw. Eigentümer. Wird darauf verzichtet, drohen nicht nur Bauschäden, sondern auch rechtliche Konsequenzen im Gewährleistungsfall.

Der Ablauf: Von der Analyse bis zur Umsetzung

Die Erstellung eines professionellen Lüftungskonzepts folgt einem standardisierten Prozess, der sich an den Vorgaben der DIN 1946-6 orientiert. Ein zertifizierter Energieberater oder Fachplaner führt dabei eine systematische Untersuchung des Gebäudes durch.

1. Bedarfsermittlung: Zunächst wird der notwendige Luftvolumenstrom für das Gebäude berechnet. Die Norm definiert hierfür vier Lüftungsstufen:

  • Lüftung zum Feuchteschutz: Dies ist die absolute Mindestanforderung, die auch bei Abwesenheit der Nutzer sichergestellt sein muss, um Feuchte- und Schimmelschäden zu verhindern.
  • Reduzierte Lüftung: Der notwendige Luftwechsel zur Sicherstellung der hygienischen Mindestanforderungen bei kurzer Abwesenheit (z.B. tagsüber, wenn die Bewohner arbeiten).
  • Nennlüftung: Der reguläre Luftwechsel, der für den Normalbetrieb bei Anwesenheit der Nutzer erforderlich ist.
  • Intensivlüftung: Ein kurzzeitig erhöhter Luftwechsel zum Abbau von Lastspitzen (z.B. nach dem Kochen, Duschen oder einer Feier).

2. Infiltrationsberechnung: Der Planer ermittelt den Luftaustausch, der ohnehin durch die verbleibenden Undichtheiten der Gebäudehülle stattfindet. Dieser Wert wird dem berechneten Bedarf gegenübergestellt.

3. Maßnahmenplanung: Ergibt die Berechnung, dass der Luftwechsel zum Feuchteschutz nicht durch die natürliche Infiltration gedeckt ist – was nach Sanierungen fast immer der Fall ist –, müssen lüftungstechnische Maßnahmen geplant werden. Das Konzept schlägt dann konkrete, auf das Gebäude zugeschnittene Lösungen vor. Dies können nutzerunabhängige Systeme sein, die automatisch für den nötigen Luftaustausch sorgen. Die Bandbreite reicht von einfachen Zuluftdurchlässen in der Außenwand bis hin zu komplexen mechanischen Lüftungsanlagen. Oft wird eine Kombination aus freien und ventilatorgestützten Systemen empfohlen, wobei Anlagen mit Wärmerückgewinnung die energieeffizienteste Lösung darstellen. Sie führen die Wärme der verbrauchten Abluft wieder der frischen Zuluft zu und sparen so bis zu 90 % der Lüftungswärmeverluste ein.

Kosten, Förderung und der langfristige Nutzen eines Lüftungskonzepts

Die Investition in ein Lüftungskonzept und die daraus resultierenden Maßnahmen zahlt sich mehrfach aus – sowohl finanziell als auch im Hinblick auf die Lebensqualität. Die reinen Kosten für die Erstellung des Konzepts durch einen Energieberater sind dabei überschaubar und liegen je nach Umfang und Gebäudeart in der Regel bei einigen hundert Euro.

Ein entscheidender Faktor ist die Koppelung an staatliche Förderprogramme. Planen Sie eine energetische Sanierung, die durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bezuschusst werden soll – etwa den Austausch Ihrer Fenster oder eine Dämmmaßnahme –, ist ein Lüftungskonzept fast immer eine zwingende Fördervoraussetzung. Ohne diesen Nachweis erhalten Sie keine Zuschüsse oder zinsgünstigen Kredite. Die Kosten für die lüftungstechnischen Maßnahmen selbst, wie den Einbau einer dezentralen oder zentralen Lüftungsanlage, sind ebenfalls förderfähig. Die Förderung kann die Investitionskosten erheblich reduzieren und macht die Entscheidung für eine hochwertige Lösung oft wirtschaftlich sehr attraktiv.

📍 Jetzt neu: Auch in Ihrer Region für Sie da

Unsere zertifizierten Energieberater unterstützen Sie deutschlandweit. Jetzt neu sind wir auch in folgenden Regionen für Sie aktiv:

Die Kosten für die Lüftungstechnik variieren stark. Dezentrale Geräte für einzelne Räume sind bereits für einige hundert Euro pro Stück erhältlich, während eine zentrale Lüftungsanlage für ein ganzes Einfamilienhaus im fünfstelligen Bereich liegen kann. Doch diese Ausgaben sollten als langfristige Investition betrachtet werden. Der Nutzen überwiegt die Kosten bei weitem:

  • Energiekosteneinsparung: Eine Anlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung senkt Ihre Heizkosten spürbar, da die Wärme der Abluft nicht verloren geht.
  • Werterhalt der Immobilie: Ein Gebäude ohne Schimmelrisiko und mit nachweislich guter Bausubstanz hat einen höheren Marktwert.
  • Gesundheit und Komfort: Permanente Frischluftzufuhr ohne Zugerscheinungen, Lärmbelästigung von außen oder Pollenbelastung (dank Filtern) steigert das Wohlbefinden enorm.
  • Vermeidung von Folgekosten: Die Kosten für eine professionelle Schimmelsanierung übersteigen die Investition in eine präventive Lüftungslösung um ein Vielfaches.

Fazit: Eine unverzichtbare Investition in Ihre Zukunft

Ein fachgerecht erstelltes Lüftungskonzept ist in der heutigen Bau- und Sanierungspraxis kein Luxus, sondern eine absolute Notwendigkeit. Es schützt Ihre Gesundheit, sichert den Wert Ihrer Immobilie und hilft Ihnen, Energiekosten zu sparen. Ob bei einem Neubau oder einer größeren Sanierung – die Auseinandersetzung mit dem Thema Lüftung ist unumgänglich und oft durch die DIN 1946-6 klar geregelt. Die anfänglichen Kosten für Planung und Umsetzung werden durch den langfristigen Nutzen, die Vermeidung teurer Bauschäden und die Möglichkeit staatlicher Förderungen mehr als aufgewogen.

Planen Sie einen Neubau, den Austausch Ihrer Fenster oder eine Dachsanierung? Handeln Sie vorausschauend und setzen Sie auf professionelle Unterstützung. Unsere zertifizierten Energie-Effizienz-Experten erstellen für Sie ein maßgeschneidertes Lüftungskonzept, beraten Sie zu den passenden technischen Lösungen und begleiten Sie sicher durch den Förderdschungel.

Nehmen Sie jetzt Kontakt mit uns auf und vereinbaren Sie ein unverbindliches Erstgespräch. Wir sorgen für frische Luft in Ihrem Zuhause.

Kostenlose Erstberatung anfragen